Montag, 13. Januar 2014

Mada Erkundungstouren




Zurück von zwei Wochen Weihnachtsferien im Norden der Insel heißt es jetzt Abschied nehmen von Madagaskar, das wir in unserem Urlaub und den vielen anderen Trips, die wir in den letzten drei Monaten gemacht haben, lieben gelernt haben.
Vom ersten großen Trip haben wir ja schon berichtet. Es folgte ein herrlicher Ausflug in den Nationalpark Andringitra, wo Vera und Nicolas ihrer Kletterleidenschaft nachgehen konnten. Nicola und Lea haben die atemberaubend schöne Natur zu Fuß erkundet und von oben auf dem Gipfel des Chamäleons bestaunt. Die rote Felsformationen, an denen sich Vera und Nicolas ausgetobt und in schwindelerregende Höhen geklettert sind (unter der Führung von super Kletterguide Hery), haben hat sich majestätisch und auch ein bisschen bedrohlich aus der flachen, grünen Landschaft erhoben. An ihrem Fuß war unser Schlafplatz, das „Camp Catta“, sonst nichts, nur Natur und ein paar kleine Dörfer aus rotem Lehm. Unser Camp hatte gemütliche Zelte mit kleinen Betten drin und einen wunderschönen Naturpool mit Bergblick. Das Essen haben wir Sparfüchse selber mitgebracht –mit den Ratte(n), die uns deshalb nachts in unseren Zelten besucht haben und sich durch mehrere Schichten Verpackungsmaterial über unsere Cracker und Zwieback hergemacht haben, hatten wir allerdings nicht gerechnet. Aber weder dieser unwillkommene Gast, noch das andere Getier, das in so einer Naturidylle natürlich vorkommt, haben uns die Freude an diesem Wochenendausflug genommen.
Pool mit Bergblick
Der Kletterfels
Das Chamälion

Ny Hary
Ny Hary






Auch der Ausflug in das Kinderheim Ny Hary, mit dem der Förderverein auch eine Kooperation hat (jedes Jahr unterstützt der Verein zwei Jugendliche aus dem Kinderheim mit einem Vollstipendium um ihnen das Studium zu ermöglichen) war ein voller Erfolg. Auf den Tipp unserer Vorgänger hin, das Kinderheim unbedingt zu besuchen, haben wir uns auf den Weg gemacht – und tatsächlich hat es sich so sehr gelohnt, die Taxi-Brousse-Fahrt auf sich zu nehmen. Stephan Büschelsberger hat mit seiner madagassischen  Frau dort ein wirklich wirklich tolles Projekt auf die Beine gestellt. Das Kinderheim kann sich ziemlich gut selbst versorgen: dort werden Gemüse etc. selbst angebaut, es gibt Kühe, die frische Milch liefern, Wasser wird ausschließlich durch Solarkocher erhitzt. Den Kindern wird ein tolles Heim geboten, ihnen wird Aufmerksamkeit geschenkt und hier können sie einfach Kind sein, bekommen Bildung und Essen und Liebe, denn Stephan kümmert sich wie ein Papa um seine 90 Schützlinge. Mit den drei deutschen Volontärinnen haben wir die dann vor Ort die meiste Zeit verbracht, z.B. eine Morgenwanderung zu einem Wasserfall und mit Stephan haben wir dann noch ein Dorf besucht, aus dem einige der Kinder kommen. Dort hilft er der armen Bevölkerung effektivere Öfen zu bauen und Solarkocher zu verwenden. Insgesamt ist das Kinderheim eine friedliche Oase im chaotischen Madagaskar – mit sehr leckerem Essen übrigens JEin Schock nach dieser ländlichen Idylle war unser Aufenthalt in Tana – der Hauptstadt – die sich so ganz anders präsentiert als das Kinderheim in Miarinarivo. Dreck, Lärm, Menschen, Autos, Hitze, Staub… Aber trotzdem faszinierend und schön, mit vielen Treppen, die sich durch die ganze Stadt ziehen. Die Geschäftigkeit der Leute, das Treiben auf den vielen Märkten, das Gewusel auf der Straße – all das übt eine ganz eigene Faszination aus. Und der Blick von einem der Hügel über der Stadt auf die unendlich vielen bunten kleinen Häuser, die sich fast bis in den Horizont erstreckt ist beeindruckend – vor allem weil man den ganzen Dreck und die bettelnden Menschen von dort oben nicht wahrnimmt.
Weihnachten(immerhin mit Weihnachtsbaum;danke an Nicos Eltern)
Strandparadies auf Nosy-Be
Strandparadies auf Nosy-Be
Und dann natürlich unsere Weihnachtsferien im paradiesischen Norden. Weder die Pest, noch Warnungen von gehäuften Überfällen auf Vazahas in dieser Region haben uns abgeschreckt – zum Glück, denn wir haben dort so viel Tolles erlebt, z.B. unser Weihnachtsfest. Dass es anders wird als Weihnachten zu Hause war uns natürlich klar, aber dass es SO anders wird haben wir nicht erwartet. Nach einem Weihnachtsfrühstück in der Hafenstadt Ambanja haben wir uns ein Fährenticket gekauft und zusammen mit 100 anderen Menschen, 200 Hühnern, mehreren Autos, auf einem von den vielen Fäßern Öl nach Nosy-Be (eine Insel)  übergesetzt. Unser weiterer Plan für Weihnachten war ein bisschen am Stand zu entspannen, dann ein Weihnachtsessen und den Abend mit einem Glas Rum ausklingen zu lassen. Da einige unserer Studis wussten, dass wir Weihachten auf Nosy-Be verbringen wollten, haben wir uns nicht gewundert, als einer von ihnen angerufen hat um sich mit uns zu treffen. Gerne haben wir dem zugestimmt, haben damit gerechnet mit ihm eine Cola zu trinken und dann zum Strand zu gehen – dass unser Weihnachten dann mit ihm und seiner Familie verbringen, das haben wir nicht geahnt. Auch als er uns ohne es vorher zu erwähnen zu sich nach Hause gebracht hat (wir ohne Gastgeschenk und in Strandklamotten) dachten wir noch nicht, dass wir den ganzen Abend dort verbringen würden. Erst als uns dann Essen serviert wurde haben wir geahnt, dass wir den Abend anders als geplant verbringen werden. Ein bisschen komisch fühlten wir uns allerdings, weil wir 4 ganz allein am Tisch saßen und keiner mit uns oder überhaupt gegessen hat. Noch komischer wurde es als es Nicola plötzlich gar nicht mehr gut ging: Diagnose: Sonnenstich von der Fährenfahrt in den Mittagshitze! Gehen konnten wir aber nicht, weil noch ein weiterer Gang Fisch mit Reis auf uns gewartet hat. Also haben wir Nicola so gut es ging mit Wasserwickeln und Späßen behandelt, bevor wir uns dann nach dem Essen auf den Heimweg gemacht haben. Was für ein Weihnachtsabend. Sehr anders, aber mit so herzlichen Menschen und gutem Essen –eigentlich typisch madagassisch.    
Die nächsten Tage haben wir Nosy-Be mit gemieteten Rollern erkundet, haben traumhafte Strände entdeckt, uns die Sonne auf den Bauch scheinen lassen, waren im klarstem blauen Meer schnorcheln, sind mit Meeresschildkröten geschwommen und haben uns frischen Fisch, Krabben und Crevetten direkt aus dem Meer schmecken lassen. 
Daran hat sich auch nicht viel geändert als wir dann nach Diego Suarez, einer Stadt  auf dem nördlichen Festland von Madagaskar aufgebrochen sind um dort in das neue Jahr zu starten. Auch hier: weiße Strände, türkisfarbenes klares Meer, Sonne, feines Essen. Tollen Ausblick von der Terrasse unseres Hotels. Sylvester haben wir uns dann zuerst die Bäuche vollgeschlagen und auch sind dann auch in diesem Restaurant in das neue Jahr gestartet. Um Mitternacht gab es zwar kein Feuerwerk aber dafür einen 1a Autokorso. Alles was fahren konnte wurde mit so vielen Leuten vollgepackt wie es nur irgendwie ging und dann wurde geschrien und gehupt und gewinkt und wir haben uns gefreut. Um das neue Jahr zu feiern sind wir dann in einen Club gegangen wo es ein Live-Konzert von Wawa gab – einem gefeierten Saleki-Sänger, der den Club zum Tanzen gebracht hat. Eine super Stimmung. Innerhalb von 2 Minuten war man klitschnass geschwitzt und von 5 Tanzpartnern umringt. Um 5 Uhr morgens waren wir ziemlich erschöpft aber rundum zufrieden mit unserer Silvesternacht wieder zuhause im Hotel.
Wir begrüßen 2014
Leider hieß es dann auch schon erholt, gebräunt (die kleinen Sonnenbrände haben sich schon in Bräune umgewandelt) wieder zurück nach Antsirabe. Ein bisschen nervös sind wir dann ohne Sicherheitscheck in das Flugzeug eingestiegen und nach einer Nacht Aufenthalt in Tana ins ziemlich kalte Antsirabe zurückgekommen.
Dort verbringen wir unsere letzten Tage jetzt mit Prüfungen korrigieren, letzte Male in allen unseren Stammbars/-restaurants etc. zu gehen und noch die ein oder anderen Souvenirs zu kaufen.

Nach  90 Stunden im Taxi-Brousse, 150 Mofo-Baols, etlichen Pousse-Pousse-Fahrten können wir jetzt sagen; wir waren wirklich auf Mada. Wir haben hier eine unvergessliche Zeit erlebt - alle guten und schlechten Eindrücke haben unseren Aufenthalt zu genau dem gemacht was er war: ein Abenteuer, bei dem wir von der Lebensfreude der herzlichen offenen Madagassen angesteckt wurden und uns nie unwillkommen oder ausgeschlossen gefühlt haben.
In ein paar Tagen schon werden wir mit Unmengen an Geschichten, Erinnerungen und Fotos zurück in Deutschland sein - die ESSVA, vor allem die Studenten, unser Zuhause, Antsirabe, die ganze Insel Madagaskar und wir untereinander werden uns sehr fehlen! (Wobei wir uns natürlich auch auf zu Hause freuen
J )

Dienstag, 24. Dezember 2013

Unser Lehrer"alltag"



Die letzte Unterrichtsstunde ist gehalten, die Stipendienvergabe ist abgeschlossen, und das Theaterstück aufgeführt. Das war übrigens ein voller Erfolg. Wir sind so stolz auf unsere Theatergruppe, die das Stück mit vielen eigenen Ideen zum „ihrem“ Stück gemacht hat!!! Unsere Arbeit ist fast getan – nur die Studenten müssen noch unsere Examen bestehen J Bevor wir in die Weihnachtsferien aufbrechen, wollen wir gerne von unserem ESSVA-Alltag berichten, wenn man das Alltag nennen kann, denn eigentlich bleibt es ein großes Abenteuer.
Der beginnt mit dem Weg zur Uni…
Wir verlassen das Haus und, begrüßen unsere  „Mofo Baol“- (gesprochen: Mufbol) Frauen, die genau vor unserem Haus ihre Köstlichkeiten verkaufen und lassen uns manchmal/meistens dazu verleiten, einen oder zwei oder drei  von diesen superleckeren frittierten Teigbällchen zu kaufen. Je nach Wetter oder Uhrzeit oder Lust und Laune nimmt man dann entweder den Bus oder läuft zur ESSVA. Unter Bus darf man sich aber keinen Bus vorstellen, der einen Zeitplan und Haltstellen hat (bzw. vielleicht hat er die – aber wir haben das System dahinter noch nicht durchschaut) sondern einen mehr oder weniger guten Mercedes Sprinter, den man durch Winken anhält, hinten durch die Doppeltür einsteigt und versucht, sich rein zu quetschen. Ist der Bus zu voll und die Tür geht nicht mehr zu, ist das aber kein Problem, weil der Fahrpreiseinkassierer-Türöffner-Mann einen dann festhält. Wählt man die Lauf-Alternative erlebt man jeden Tag andere 20 Minuten. Vorbei an 100 verschiedenen kleinen Verkaufshütten, die von Handykredit bis Schuhen alles verkaufen, Reifenhändlern,  Gemüseständen, Plastikplanenverkäufern, kleinen Hüttchen aus denen laut madagassischer Hip Hop dröhnt. Und daneben: die Straße -  Pousse-Pousse Fahrer die neben einem herrennen, einen mitnehmen wollen, LKWs genauso wie Fahrräder, Fußgänger, Schlaglöcher, vollbepackte Ochsenkarren, Hühner und hupende Autos. Die letzten hundert Meter läuft man dann auf „der Matschstraße“, einem ungeteerten Weg, der sich bei Regen in einen reißenden Fluss verwandelt und der einen direkt vor das Tor der ESSVA bringt. Vorbei an den Wachposten und rein in die heile ESSVA-Welt, wo es Gärtner gibt, die die Rasenfläche schön halten und die in krassem Gegensatz zum Weg hierhin steht!
Vor dem Unterricht dann lieber nochmal den großen Stundenplan checken, ob sich die Stunden nicht doch vielleicht geändert haben oder ob man wirklich Unterricht hat. Der Stundenplan ändert sich nämlich wöchentlich. Zwischendurch begrüßt man die Lehrer, die Schüler, das Personal, ein bisschen Smalltalk – wir gehören schon richtig dazu! Wenn man die erste Stunde  um 7.45 Unterricht hat kommt man in den Genuss von sehr schönen und mehrstimmig von den Schülern gesungenen Gebeten.
Wenn man etwas organisiert haben möchte an der ESSVA, dann braucht man dafür vor allem viel Geduld und gute Nerven. Egal ob man Kopien für seine Klasse gemacht haben möchte oder Lautsprecher und Beamer für die Theaterprobe leihen will – alles braucht eine lange Anlaufzeit und es sind 1000 kleine Schritte, Unterschriften, Gänge die man machen muss, bevor man das hat was man wollte – wenn man es denn überhaupt bekommt.  ABER auch wenn nicht immer alles so glatt und reibungslos läuft, wie wir das aus Deutschland gewohnt sind,  halt alles einfach ein bisschen länger dauert und man öfter mal nachhaken und rumrennen muss:  am Ende klappt doch immer alles und wir kriegen von den ESSVA-Verantwortlichen  alle Unterstützung die wir brauchen. Alle sind so herzlich und nett und bemüht. Eigentlich wollen wir alle mit nach Hause nehmen – allen voran Monsieur Jean-Paul, der guten Seele aus der Administration, ohne den hier gar nichts laufen würde und der bis jetzt immer alles irgendwie für uns organisiert gekriegt hat!
Zu unseren Aufgaben hier in Madagaskar zählt auch der Besuch an den örtlichen Gymnasien um dort gemeinsam mit dem DAF die Uni und das Stipendienprogramm vorzustellen. Die meisten Gymnasien waren private katholische Gymnasien, an denen eine wahnsinns Disziplin herrscht. Wenn wir den Raum gekommen sind/gegangen sind, sind alle aufgesprungen und haben uns im Chor mit „Bonjour Monsier, Bonjour Madame“ begrüßt. Sehr ungewohnt für uns. Und keinen Muks haben sie gemacht, während wir uns und den Förderverein/das Stipendienprogramm vorgestellt haben und der DAF die ESSVA an sich. Wir haben das Gefühl ,die Gymnasienbesuche kamen gut an, die Vorstellung war auf Französisch, der DAF hat aber die „Fragerunde“ auf Malagasy gehlaten, damit die Schüler genau das fragen können was sie wollten ohne Sprachbarrieren.
Für unsere Hauptaufgabe neben dem Unterricht, die Stipendienvergabe an bedürftige Studenten, haben wir uns viel Zeit dafür genommen.  Wir haben mit dem Rektorat, dem DAF (Finanzbeauftragter) und den Studiengangsleitern über jeden einzelnen Fall gesprochen, über manche auch öfter. In 3 Sitzungen an der Uni mit den anderen und einigen Konferenzen bei uns daheim am Wohnzimmertisch haben wir bei einigen Schicksalen der Studenten schlucken müssen, die Köpfe haben geraucht, aber jetzt sind wir mit dem Erreichten sehr zufrieden und haben die Stipendiengeschichte mit einem guten Gefühl abgeschlossen. Das Geld ist gerecht verteilt und beim Stipendientreffen, das wir organisiert haben, konnten wir dann endlich auch die Studenten kennenlernen, über die wir so viel geredet haben. Bei Burgern und Pommes in der ESSVA-Kantine, extra gemacht von den tollen Restaurant und Hotel Studenten, haben wir mit den Studenten gesprochen, erfahren was sie nach dem Studium für Pläne haben und einfach so ein bisschen geplaudert.  
Und dann war da natürlich noch unsere Wahnsinns-Weihnachtsfeier.  Im Anschluss an das Stipendiatentreffen haben wir für sie, unsere Studenten und unsere Theatercrew eine Feier organisiert. Eigentlich wollten wir sie draußen auf dem Campus feiern, mit Musik, Karaoke, Volleyball und Basketball - aber das Regenzeitwetter hat nicht mitgespielt. Kein Problem für uns – schnell hatten wir ein paar Studenten organisiert die uns alles Equipment – Boxen, Musikanlagen, Mikros, 37,5 kg Chips, 125 L Getränke etc. nach drinnen getragen haben. Da  gab‘s dann einen Tanzraum und einen Karaokeraum. Nach dem das DJ-Problem gelöst wurde (Konflikt: Hochlandmusik vs. Küstenmusik – hört sich harmlos an, aber beim Thema Musik kochen die Emotionen unter den Studenten schnell über) haben alle angefangen zu tanze – aber wie!!! Wir „Weißen“ haben uns zum Glück schon bei einigen Clubbesuchen in Antsirabe vorbereitet und haben uns nicht ganz so steif und unbeweglich gefühlt. Mit den Studenten konnten wir allerdings trotzdem nicht mithalten. Wahnsinn wie gut die sich alle bewegen können. Den ganzen Tag haben wir durchgetanzt, gefeiert, getrunken, gegessen. Allen hat es super gut gefallen und uns am allerbesten. Wir wollen gar nicht daran denken, dass wir unsere Studis bald verlassen müssen.  
Noch ist es ja aber zum Glück nicht soweit. Nach den Ferien sehen wir ja alle nochmal! Aber jetzt heißt es erstmal den Norden von Madagaskar zu erkunden und uns am Strand die Sonne auf den Bauch scheinen lassen. In diesem Sinne: Frohe Weihnachten und einen Guten Rutsch. Bis nächstes Jahr.

Donnerstag, 21. November 2013

Tonga Soa - Willkommen in Madagaskar

Seit fast einem Monat sind wir jetzt hier in Madagaskar – manchmal fühlt es sich viel länger an, an anderen Tagen können wir es kaum fassen, dass wir schon so lange hier sind. An die „Bonjour Vazaha“ – Rufe der Kinder haben wir uns inzwischen gewöhnt (Vazaha bedeutet soviel wie Fremder), auch daran, dass wir auf Schritt und Tritt von Pousse-Pousse Fahrern belagert werden, die es gar nicht glauben können, dass wir lieber durch die Hitze laufen, als uns von ihnen kutschieren zu lassen. (Pousse-Pousse sind die madagassische Form der asiatischen Rikschas: eine gepolsterte Holzbank mit Dach, die von einem Fahrer zu Fuß gezogen wird; typisches Gefährt hier in Antsirabe, bei dem das schlechte Gewissen immer mitfährt) An andere Anblicke hingegen gewöhnt man sich nicht, auch wenn man jeden Tag auf sie trifft: Müll und Dreck überall, bettelnde Kinder, Familien, die mit ihren Kindern praktisch in der Müllhalde wohnen etc… 
Aber ganz von Anfang an.
Paris – Antananarivo: Nach 11 Stunden Flug endlich: Angekommen in Madagaskar!!! Ein bisschen müde und sehr aufgeregt, was in den nächsten drei Monaten wohl auf uns zukommt. Dass wir auf unser Bett allerdings noch ein bisschen warten mussten und unser Aufenthalt am Flughafen noch ein bisschen länger dauern sollte, haben wir dann beim Warten am Gepäckband gemerkt, als Veras Rucksack einfach nicht kommen wollte. Konnte er auch nicht, weil in Paris Charles de Gaulles zurückgeblieben.
Nachdem alle Formalitäten ausgetauscht waren ging es dann doch, mit gemischten Gefühlen auf Veras Seite und allgemein spürbarer Überforderung mit der Gesamtsituation, in das Hotel, wo wir dann aber doch gut gelaunt und die Sache mit Humor nehmend die erste Nacht im fremden Land antraten.

Am nächsten Tag, auf der Fahrt in unsere neue Heimat Antsirabe, hat sich uns die Schönheit von Madagaskar das erste Mal gezeigt – rote Erde, die sich gegen den strahlend blauen Himmel abhebt und sich mit grünen Reisfeldern abwechselt, haben uns in ihren Bann gezogen. Allerdings wurde uns auf dieser Fahrt durch die Gassen der Hauptstadt und durch die Dörfer auf dem Weg auch noch einmal deutlich, dass wir die nächsten drei Monate in einem der ärmsten Länder der Welt verbringen werden; die Gewitterwolken, die langsam aufgezogen sind, haben die Wirkung dieser Bilder noch unterstrichen.
Unser Zuhause: Akany
Dann endlich fuhren wir am Ortsschild „Antsirabe“ vorbei – im gleichen Moment entlud sich das Gewitter, ein lauter Donner war das erste, was wir von Antsirabe mitgekriegt haben. Da war der Empfang der Hauptverantwortlichen der ESSVA, also der Uni, an der wir unterrichten, schon sehr viel freundlicher. Monsieur Serge, der Direktor der ESSVA,  Jeannot, der pädagogische Leiter, Jean-Michel, der Finanzbeauftragte, hießen uns sehr herzlich willkommen und haben uns zu unserem neuen Zuhause gebracht – nach Akany. So heißt unser gemütliches rotes Backsteinhaus, in dem wir das Erdgeschoss mit Veranda ganz für uns haben. Trotz mangelndem Lichts (Stromausfall wegen Gewitter) und der ein bisschen unheimlichen Gewitterstimmung haben wir sofort erkannt, dass wir uns hier richtig wohlfühlen werden.


Am nächsten Tag haben wir (zuerst mit Hilfe von Serge) und später alleine die Stadt grob erkundet, die ersten Pousse-Pousse Erfahrungen gesammelt, uns gnadenlos übers Ohr hauen lassen  und das erste Mal auf dem Markt gehandelt.
ESSVA
Und dann ging auch schon die Uni los: Am ersten Tag des Semesters ging es für uns hoch auf die Lehrertribüne, wo wir mit Bewunderung der von den Lehrern mehrstimmig vorgetragenen madagassischen Nationalhymne gelauscht haben (inzwischen haben wir den Text und üben heimlich zu Hause, sodass wir bei der nächsten Versammlung mitsingen können), während die Studenten alle in Richtung der Flagge gedreht waren.
Nach einem Begrüßungsmarathon, der Kursaufteilung und vielen Zusatzinfos schwirrte uns nach so viel Input erst mal ein bisschen der Kopf – nichts desto trotz folgte gleich am ersten Tag noch
Vor unserem Lehrer-Debut
die erste Unterrichtsstunde, zwar nur als Begrüßung gedacht, aber trotzdem für uns alle das Debut als Lehrer. Das haben wir gut gemeistert – Begrüßung, Namen, Alter, Hobbies abfragen und schon war die Stunde vorbei und wir wieder um eine Erfahrung reicher.
Die erste Woche verging mit Unterricht vorbereiten, unterrichten, Kleinigkeiten mit den ESSVA-Verantwortlichen klären  UND den ersten großen Trip planen, den wir noch vor der Regenzeit machen mussten. Zuerst wollen wir mit dem Schiff den Tsiribihina – River entlang fahren uns dann im UNESCO geschützten Parc National de Bemaraha die Tsingys anschauen und dann nach einem Abstecher durch die Allée des Baobabs noch 2 Tage in Morondava am Meer entspannen.
Zu unserer großen Freude fanden wir durch Zufall einen Guide, Jimmy, der vor 3 Jahren das Ecotourisme - Studium an der ESSVA abgeschlossen hat. Uns war sofort klar, dass wir die Tour nur mit ihm machen wollen, vor allem als er uns dann auch noch erzählte, dass er die erste Generation vom Bildungsaustausch kennt - bei Manu Deutsch gelernt hat und mit ihm, Andy und Jakob „wind of change“ in der Karaoke-Bar gesungen hat.. Leider mussten wir die Tour dann doch noch einen Tag später beginnen, weil uns die „Afrika-Krankheit“ nacheinander alle außer Gefecht gesetzt hat.. Ein bisschen schwächlich, mit grummelndem Magen, aber trotzdem bester Dinge traten wir die Reise an.
Mit Jimmy und Rhum arrangé am Lagerfeuer
Die Klettergruppe im Tsingy
Erst mal auf dem Fluss entschleunigen: die ersten Eindrücke, die Madagaskar einem bietet, verdauen und über all das Nachdenken, was man in der ersten Woche schon alles erlebt hat und sich das gar nicht richtig bewusst gemacht hat. Begreifen, dass man sich gerade in einem Land befindet, in dem alles komplett anders ist als in Deutschland und sich Gedanken machen, was hier wohl noch alles auf einen zukommt. Baden in einem klaren Wasserfall und Lemuren und Vögel und Fledermäuse einfach so vom Schiff aus zu sehen, sehr gutes Essen, eine herzliche Schiffscrew und madagassische Gesänge, Tänze am Lagerfeuer und Kokosnussrum  ließen uns alle „Unannehmlichkeiten“ sofort vergessen.

So relaxt stiegen wir schließlich in einen 4-Wheel-Drive, der uns nach Bekopaka bringen sollte. Also fuhren wir los – die „Straße“ entpuppte sich als hügelige Sandpiste mit riesengroßen Schlaglöcher, aber weil wir Hery, den Super-Driver hatten, waren wir nach 5 Stunden durchgeschüttelt aber problemlos angekommen. Die nächsten Tage erkundeten wir dann die Tsingys. Tsingy ist das madagassische Wort für „auf Zehenspitzen laufen“ und nachdem man die ersten Tsingys gesehen hat, weiß man auch warum. Diese spitzen, über Jahrhunderte von Wind und Wetter geformten Kalkstein-Gebilde, ragen teilweise über 100 Meter in die Höhe und bieten erstens einen unglaublichen Anblick, den es so nur 2 mal auf der Welt gibt (einmal in Madagaskar und einmal irgendwo in China) und haben uns zweitens die Gelegenheit gegeben, mit Klettergurt gesichert, auf ihnen herumzuklettern. Gleichzeitig haben sich so aber auch Grotten und Höhlen gebildet, in denen wir uns nur gebückt und kriechend und dank unseren Stirnlampen fortbewegen konnten.
Nach dieser körperlichen Anstrengung haben wir uns sehr auf die Tage am Meer gefreut. Aber dort mussten wir erst ankommen. Auf der Fahrt nach Morondava sind wir durch die berühmte Allée des Baobabs gekommen: eines der meist fotografierten Motive in Madagaskar – und zwar zu Recht. Die Baboabs, über 1000 Jahre alte Bäume, von denen sich die Madagassen erzählen, dass sie von den Göttern falschherum in die Erde gerammt wurden, stehen majestätisch in Reih und Glied und wechseln bei Sonnenuntergang die Farbe zu leicht rosa und werfen lange Schatten auf die Sandstraße. Wunderschön, und wir haben es tatsächlich geschafft, ein paar Fotos zu machen, auf denen man keine anderen Touris sieht.

Baobabs 
In Morondava angekommen haben wir es uns richtig gut gehen lassen: Ausschlafen, ausgedehnte Frühstücke am Meer, Baden, Yoga am Strand, Bräunen, Sonnenuntergang am Meer bewundern - ein toller Abschluss unseres Trips!!!


Morondava
Und so vergeht die Zeit… Unter der Woche verbringen wir die Tage an der Uni, freuen uns immer auf die 10-Uhr-Kaffee-Pause in der Cafeteria mit leckeren Snacks wie Mini-Burgern, feinen Quiche-Stücken, Crêpes und/oder leckeren Mini-Kuchen, geben Unterricht und versuchen die Studenten zum Englisch und Deutsch sprechen zu motivieren, lernen dabei selber viel über das Leben der Studenten, das Land und uns selber. Neben der Unterrichtsstunden haben wir noch ein English-Theater ins Leben gerufen. Jeden zweiten Tag üben wir mit den Studenten eine moderne Version von Schneewittchen ein. Wir sind jetzt schon ganz stolz auf unsere "Schützlinge"und haben viel Spaß bei den Proben! Mittags essen wir in der Mensa, gehen nachmittags entweder wieder in die Klassen oder auf den Markt und kaufen frisches Gemüse, schlendern in der Stadt herum oder faulenzen auf unserer Veranda oder im Garten und genießen weiterhin die kulinarischen Köstlichkeiten, die Madagaskar uns bietet. Die Abende verbringen wir entweder mit harten Doppelkopf-Duellen, feinem Zébu-Steak oder testen die verschiedenen Rum-Sorten bei „Chez Billy“, einem Restaurant-Bar-Internetcafé-Mischmasch mit  gemütlicher Backpacker-Atmosphäre, die am Wochenende bei Live-Musik (und Rum) auch mal in ausgelassene Feierstimmung umschlagen kann. „Anfängerfehler“ wie in ein Pousse-Pousse steigen ohne zuvor den Preis verhandelt zu haben, sich darauf zu verlassen durchgehend Strom zu haben oder auf mit Rücksicht auf den verweichlichten westlichen Magen auf die super feinen Straßensnacks zu verzichten, passieren uns inzwischen nicht mehr. Dafür besteht noch Aufholbedarf in Sachen Malagasy lernen – allein schon um die Namen der Studenten besser aussprechen zu können und so der täglichen Kicherei beim Vorlesen der Anwesenheitsliste zu vermeiden.